Linguistische Unternehmenskommunikation – oder wie richtig gewählte Sprache Unternehmen erfolgreicher machen kann
Menschen produzieren täglich anhand mündlicher und schriftlicher Kommunikation eine zahllose Menge an Sprachdaten. Sprache ist damit unser Mittel, anderen unsere Wünsche, Ideen und Gedanken mitzuteilen und andere durch unsere Sprache zu beeinflussen, denn Wörter schaffen Wirklichkeit. Oft denken wir dabei nicht genau nach, wie wir unsere Sprache so anwenden, dass der Adressat genau das versteht, was wir sagen wollen. Sprache entsteht somit oft intuitiv, manchmal aber nicht sprachlich effektiv. Schon Konfuzius hat erkannt, dass die richtige Wortwahl essentiell ist für gutes gegenseitiges Verständnis:
Wenn die Worte nicht stimmen, dann ist das, was gesagt wird, nicht das Gemeinte. Wenn das, was gesagt wird, nicht das Gemeinte ist, dann sind auch die Taten nicht in Ordnung.
Laut Big Data Report 2016 gibt lediglich ein Drittel der großen und mittelständischen Unternehmen an, ihre Daten systematisch analysieren zu lassen. Dabei ist es insbesondere für Unternehmen von Vorteil, zu wissen, wie ihre angewandte Sprache von potenziellen Kunden aufgefasst wird und welchen Effekt das Unternehmen damit erreicht. Welche Assoziationen verbinden Kunden mit dem Unternehmen oder dem Produkt? Wie wird das Unternehmen bei den Kunden wahrgenommen? Genau diese Informationen sind oft gewinnbringend für das Unternehmen, weil es so besser auf die Wünsche der Kunden reagieren kann.
Eine gute Unternehmenskommunikation kann Unternehmen erfolgreicher machen, indem die richtige Sprache verwendet wird, während schlechte Kommunikation einem Unternehmen hinsichtlich des Unternehmensimages, aber auch der Kundenbindung schaden kann. Hierzu gilt es zu klären, was unter guter Kommunikation und richtiger Sprache verstanden wird. Eine gute Unternehmenskommunikation zeichnet sich dadurch aus, dass das Unternehmen zielgruppenorientiert kommuniziert und sich bewusst macht, welche Ziele es anhand des unternehmerischen Sprachgebrauchs erreichen will. Dies bedeutet, dass es herausarbeiten muss, wie die zuvor festgelegte Zielgruppe angesprochen werden soll. Ein Produkt oder eine Dienstleistung kann nur dann vielversprechend auf die festgelegte Zielgruppe wirken, wenn das Unternehmen die richtige Sprache zur Vermarktung des Produktes oder des Dienstes nutzt. Was bedeutet nun „richtige Sprache“ und inwiefern hilft LU – Linguistische Unternehmenskommunikation Unternehmen dabei, die richtige Sprache für sich zu finden?
Was ist LU?
Als Sprecher einer Sprache gehen viele Menschen davon aus, sie seien dadurch automatisch Experten dieser Sprache. Doch oftmals ist das nicht der Fall. Lediglich die Kompetenz eines Linguisten kann fundierte Aussagen über Sprachdaten treffen. Meistens sprechen Menschen intuitiv, d.h. sie machen sich kaum Gedanken über das, was sie sagen und wie sie es sagen. Sie müssen Sätze nicht zuerst schrittweise in ihrem Kopf produzieren, bevor sie sie aussprechen, denn häufig beginnt die Rede schon, während sich im Kopf noch Gedanken zum Gesagten bilden. Linguisten können hier weiterhelfen. Sie können „entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten in Unternehmen identifizieren, sprachlich anreichern und auswerten“, so Dr. Clara Herdeanu, Referentin für Unternehmenskommunikation bei einem Hersteller von Elektromotoren und Ventilatoren. Die Linguistische Unternehmenskommunikation (LU) wurde 2015 gegründet, um linguistisches Wissen für Unternehmen und Organisationen zugänglich zu machen. Dieses Wissen über Sprache wird häufig unterschätzt, da vielen Unternehmen noch nicht bewusst ist, welche Macht Sprache besitzt. Oft ist gerade das, was „zwischen den Zeilen liegt“, ausschlaggebend für die Wirkung eines Unternehmens oder einer Organisation auf den Adressaten. LU hat sich deshalb auf die linguistische Beratung von Unternehmen spezialisiert, sodass diese an das Wissen und die Vorstellungen ihrer Kunden gelangen und sie somit besser erreichen können.
LU’s Ansatz
Anhand einer zielgruppenorientiert gewählten Sprache kann das Unternehmen eine Beziehung zur Zielgruppe aufbauen, sie an sich binden und dafür sorgen, dass das Produkt gekauft wird. Dabei sollte darauf geachtet werden, welche Assoziationen das Produkt anhand seiner Semantik beim Kunden hervorrufen könnte. Ein Beispiel hierfür sind Karrierewebseiten verschiedener Unternehmen. Eine gelungene sprachliche Gestaltung der Karrierewebsite eines Unternehmens trägt zu einer positiven Wahrnehmung des Unternehmens bei und fördert den Wunsch, sich bei dem Unternehmen zu bewerben. Dabei werden beispielsweise die Zielgruppen Schüler, Studenten, Absolventen und Berufserfahrene angesprochen. Zudem kann die richtige Zielgruppenansprache zum einen zu einem positiven Image beitragen und zum anderen ein bereits bestehendes positives Image aufrechterhalten oder verbessern. Für die Findung der richtigen Worte werden wissenschaftliche Methoden benötigt. Hierzu zählen text- bzw. diskurslinguistische Analysen, Case Studies oder das LU-Tool, mit dem sich große Textmengen erfassen und analysieren lassen. Das LU-Tool wird hauptsächlich auf unstrukturierte Texte angewandt. Diese sind häufig im Social Media Bereich, wie Facebook oder Twitter zu finden, aber auch bei Kundenumfragen. Solche Texte werden, wenn überhaupt, oft nur maschinell ausgewertet. Dabei fehlt jedoch die fachliche Kompetenz zur linguistischen Interpretation der Texte.
Das Konzept von LU
Das Konzept von LU beruht deshalb darauf, Unternehmen in ihrer sprachlichen Gestaltung zu unterstützen und das größtmögliche linguistische Potenzial des Unternehmens hervorzuholen. Das Konzept von LU basiert auf fundiertem linguistischem Wissen, das durch die praktische Anwendung des LU-Tools eine Textanalyse, bei der dem Unternehmen ein Überblick über die verwendete Sprache auf besagten Webseiten geboten wird. Anhand dieser Analyse kann das Unternehmen erkennen, inwiefern die Zielgruppe anhand der Wortwahl erreicht wird und kann dann gegebenenfalls Verbesserungen durchführen. Das ständige Einfühlen und Denken aus Sicht der Zielgruppe sind dabei unabdingbar.
Das LU-Tool
Gängige IT-Tools sind aufgrund der fehlenden linguistischen Kompetenz nicht imstande, semantische und pragmatische Zusammenhänge menschlicher Kommunikation verstehen und deuten zu können. Würde solch eine Analyse manuell durchgeführt werden, würde dies erstens viel Zeit in Anspruch nehmen und zweitens würden die Ergebnisse eine hohe Fehlerquote aufweisen. Eine computerautomatisierte Analyse hingegen ist ebenfalls ungeeignet, da sie nicht die fachliche Kompetenz eines Linguisten bietet. Das LU-Tool vereinbart deshalb beide Analysemethoden auf Wortebene, um eine gründliche Analyse durchzuführen und dem Unternehmen einen umfassenden Überblick über die eigene Wortwahl zu geben sowie an tieferliegendes Wissen über Kunden und Mitarbeiter zu gelangen, denn dies ist substanziell für die Zielgruppenansprache. Diese kann dann gegebenenfalls optimiert und gewinnbringend an die Zielgruppe angepasst werden. Das LU-Tool ist nicht nur dazu geeignet, herauszuarbeiten, mit welchen Keywords und Topics das Unternehmen kommuniziert, sondern auch, wie es von Kunden wahrgenommen wird, denn bestimmte Wörter wecken bestimmte Emotionen. Die Anwendung des LU-Tools hilft somit, Begriffe mit negativen Konnotationen wie aber und Problem herauszufiltern und diese durch positiv konnotierte Wörter wie und und Herausforderung zu ersetzen. Es ist somit als linguistisches Text Mining eine neue Art des Data/Text Minings, zu dem es derzeit bisher kaum Forschung in der Linguistik gibt (vgl. Burel 2016; Trevisan/Jakobs 2015). Das Text Mining nutzt computerlinguistische und statistische Analysemöglichkeiten an Texten, die unstrukturiert vorkommen, z. B. „Haben Sie Anregungen für uns?“ in einer Kundenumfrage. Es dient somit als Grundlage für das LU-Tool. Kurzfristig wird durch die Analyse mit dem LU-Tool die Sprachsicherheit des Unternehmens gesteigert. Auf langfristige Sicht kann das Image des Unternehmens aufgrund des zielsprachlich orientierten, sicheren Sprachgebrauchs deutlich verbessert werden. Dies führt dazu, dass das Unternehmen als seriös eingeschätzt wird und eine Kundenbindung somit wahrscheinlicher ist.
Bislang gibt es kaum solcher Tools auf wissenschaftlicher Basis zur Analyse von Big Data, da die Sprachdaten nicht in Zahlen umgerechnet werden können, da sie semantische Zusammenhänge enthalten. Diese sind nicht in Zahlen messbar. Aufgrund dessen haben solche Tools, wie das von LU, bisher kaum Beachtung erfahren.
Wer ist Dr. Simone Burel?
Dr. Simone Burel ist Gründerin und Inhaberin der Linguistischen Unternehmensberatung und berät Firmen wie Siemens, IHK und elobau. Bereits nach ihrer Promotion hatte Dr. Burel den Gedanken, ihr eigenes Unternehmen zu gründen, denn sie
„sei zu eigensinnig und unkonventionell für die klassische Arbeitswelt“ und „möchte deshalb das machen, was sie begeistert: wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Linguistik für die Praxis operationalisieren, die Macht, die von Sprache ausgeht, anderen zeigen“.
Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als linguistische Beraterin ist sie Forscherin an der Universität Heidelberg im Bereich Interkulturelle Kommunikation, wo sie Seminare wie Hochschulmarketing und Textsortenanalyse gibt. Zu ihren Publikationen zählen Aufsätze zu den Themen Corporate Identity, Text Mining, weibliche Kommunikation und Unternehmenskommunikation sowie ihre Dissertation Identitätspositionierungen der DAX-30-Unternehmen – Die Sprachliche Konstruktion von Selbstbildern in Repräsentationstexten. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als linguistische Unternehmensberaterin und Wissenschaftlerin hält sie seit 2011 regelmäßig Vorträge wie Linguistische Kompetenzen in der Wirtschaft. Warum die Gesellschaft Linguistik braucht (Universität Heidelberg, 2016) und Big Data & Lingumarketing – Perspektiven aus der Linguistik (Hochschule Ludwigshafen, 2016). Dr. Burel beschreibt das Lingumarketing „als eine Kombination aus dem aktuellen Sprachauftritt und darauf abgestimmtem Marketing mittels Kommunikation“.